Geschwindigkeit ist schlafen, während andere noch gähnen (frei nach einem Kalenderspruch). Das mögen einige denken, wenn sie das Wort Geschwindigkeit hören. Diese geht nämlich zumeist von dem Standpunkt aus, dass es irgendetwas oder irgendjemanden gibt, der, die oder das langsamer oder eben schneller ist als der/die/das andere.
In vielerlei Hinsicht kann dies auch mit einer Wertung behaftet sein – so zum Beispiel, dass entweder langsam oder schnell besser oder schlechter ist. Aber kann man diese Denkweise auch so auf das Leben übertragen?
Fakt ist, dass es einige Momente im Leben gibt, in denen man sich beeilen muss oder hektisch wird. Manchmal kommt man aber auch einfach nicht “aus den Latschen”, und manchmal genießt man dies auch. Wie oft was nun bei wem vorkommt – genau das sind die Aspekte, für die sich dieser Film interessiert. Ist es wichtig, mit welcher Geschwindigkeit wir uns durch den Tag bewegen? Wenn ja, für wen?
Gleich mehrmals kreuzen sich in diesem Film die Wege zweier Studenten, deren Alltag in Bezug auf Bewegung und Geschwindigkeit unterschiedlicher wohl nicht sein könnte. Die eine versucht mit dem Studium und den für sie – aus zeitökonomischer Sicht – lästigen Präsenzkursen an der Universität noch gleich zwei Jobs zu vereinbaren. Doch auch für diese Studentin hat der Tag nur 24 Stunden. Sie lebt einen sehr schnellen, gar hektischen Alltag – muss sie doch mehrere Dinge in schneller Abfolge und teilweise sogar gleichzeitig erledigen. Auf diese Idee würde der andere Student wohl gar nicht erst kommen, sondern macht sich eher die Devise “alles schleunigst zu entschleunigen” zu Eigen. Yoga und ein ausgedehntes Frühstück sollen da weiterhelfen…
Was der Film an dieser Stelle zu verwirklichen gedenkt, lebt Berlin jeden Tag. Das Vereinen der Gegensätze. Berlin ist groß und hat viel Platz für Diversität. So viel Platz, dass sich diese Diversität zumeist nicht aneinander stört. Es ist ein Schweres zu behaupten, das liege alles ausschließlich an Respekt und Nächstenliebe. Aber auch wenn es den Leuten einfach nur egal ist, wie die anderen sind und sie damit auch in Ruhe lassen, dann wird doch unser gewisses Gut der Freiheit ein Stück weit gelebt. Und was bedeutet Freiheit (schwierige Frage), wenn nicht die eigene Entscheidung zur Wahl des Tempos?
Bewegung in ihren unterschiedlichen Geschwindigkeitsmustern, die trotz ihrer Diversität eine Einheit, ein Ganzes bilden – genau dies lässt sich wohl am besten auf den Straßen Berlins beobachten.
Da fährt bei frohem Sonnenschein…
der gelassene Fahrradfahrer am gehetzten Fußgänger mit Aktenkoffer,
der gerade die stehengebliebene Touristengruppe passiert und noch erhascht,
wie ebenjener Fahrradfahrer entspannt hinter der Straßenbahn verschwindet,
die gerade an der Ampel stehenbleiben muss, um dann beobachten zu können,
wie hinter der Ampel als erstes ein Motorrad mit Geknatter die Straße kreuzt und
noch beinahe den letzten die schon bei rot stehende Ampel überquerenden Fußgänger erwischt,
der sich meckernd umdreht, um dabei doch noch beinahe
von den übrigen die Straße überquerenden Autos, Bussen, Lkws, Fahrradfahrer, etc.
angefahren zu werden, …
vorbei.
Wir wissen natürlich, dass die Freiheit und eben auch die Geschwindigkeit, von der wir reden, auf bestimmte Weise determiniert sind.
Es lässt sich vermuten, dass das Wetter einer dieser Determinanten ist. In dem kurzen Film hat sich der Tag von seiner fröhlichen Seite mit Hilfe des guten Wetters präsentiert. Schenkt uns die Sonne nicht Energie für unseren Körper und unseren Geist?
Rhetorische Frage. Viel interessanter ist es doch zu schauen, ob die graue Bedeckung des Himmels und die weiße Bedeckung der Erde uns durch fehlende Sonnenenergie verlangsamen.
Gewappnet ist man allemal Mit Winterschuh und Schal Und außerdem ein Rätsel: Welches der vier Beine ist irgendwie anders? Und warum eigentlich?
Zum Stillstand verdammt durch das weiche Winterweiß Doch kann man hier nicht vorwegnehmen, ob von diesem Fahrrad nicht noch zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch gemacht wird – in wenigen Minuten, ein paar Stunden, vielleicht auch erst im Frühling?
Wir begnügen uns jedoch auch mit Vergnügen in der U-Bahn, wo es ganz anders aussieht.
Da kann weder das rote Licht noch die stehengebliebene Rolltreppe die Bewegung der Menschen bremsen.
Huch? Wir sind wir denn nun hierhergekommen?
Aber wie bizarr verwirrend das auch sein mag, so schön widersprüchlich begegnen sich hier zwei Kumpel,
die sich zumindest in Größe, Form und Farbe gleichen. Und wenn wir schon einmal hier sind, dann…
…sollten wir es nicht verpassen, den noch gerade stehenden Bus zu bekommen.
Das Geschäft schläft bekanntermaßen nicht, und frieren tut es erst Recht nicht.
Stattdessen erfreuen wir uns an der Magie des Gegensatzes:
Ein für Bewegung prädestinierter Sightseeing-Bus verharrt – während wir das Auto an ihm vorbeirauschen sehen.
Warten müssen da natürlich auch die stadtbekannten…
Touristen. Und besser als einfache Winter-Stadt-Touristen sind natürlich Synchron-Winter-Stadt-Touristen.
Doch etwas Erwärmendes hat dieses Bild auch.
Das Bedürfnis, einen Moment der Bewegung als Nicht-Bewegung für die Ewigkeit festzuhalten, verspüren nämlich nicht nur die Großen…
Und wenn man mal die beiden Fotografen und das Straßenschild weglassen würde (die Plastiktüte rechts unten hat niemand gesehen),
dann kann man sich doch auch ein paar Jahre zurückdenken.
Treten wir nicht auch diese täglichen großen Reisen mit rasender Geschwindigkeit an?
Diese Reise endet hier.
Oder auch nicht. Manchmal ist es wirklich praktisch, wenn einem die Richtung vorgegeben wird.
Das Berlin-typische grüne Ameplmännchen fordert auf, sich zu bewegen. Es simuliert sogar die Bewegung. Und bewegt sich doch selbst nie.
Zumindest scheinen hier schon paar Leute spazieren gegangen zu sein. Woher kamen sie?
Natürlich erst einmal aus dem Wasser. Denn auch wenn man es nicht gut sehen kann, doch auch hier steckt Leben sowie Bewegung.
Und wohin gehen sie?
Man sucht sich eben einen Platz, an dem man es sich für eine längere Zeit gemütlich machen kann.
Doch wie man gesehen hat, sind Bewegungen nicht so einfach einzufangen. Es zu probieren, lohnt sich jedoch allemal.