Schmecken und Sehen

Das Auge isst mit

schmecken_start

Zigarette und Croissant mit Marmelade
Ein verklärter Blick, alles ist noch verschwommen. X öffnet die Augen und während sich der Blick langsam verschärft und die Sinne erwachen, torkelt X langsam aus dem Bett. Ein neuer Tag, ein Streifzug durch Berlin. Eine Vielfalt von Graustufen durchbrochen von grellem Licht, Kämpfer-Natur und schillernden Persönlichkeiten. Eine Mélange aus Zigaretten von gestern Nacht, Sterni und Zahnbelag ist der erste Geschmack des Tages. Frühstück, le petit déjeuner, warme Brötchen, dampfen im Brotkorb.

Leckt über den Asphalt
Raus, einfach raus, ausbrechen. Der Alexanderplatz, ein Knotenpunkt, Verkehr, Menschen, Konsum, keine Zeit, auch zum Essen nicht. Immerwährend buntes Treiben zwischen neuem und altem Grau aus Beton und Platten, erinnert an vergangene Tage. So viele Tauben, die Ratten der Lüfte leben und mehren sich unaufhaltsam auf Grund der Brotkrummen des Städters. Viel Eigenartiges sieht man, viel Fremdes.

Boulette und Falafel
Dem Himmel so nah, Freiheit, Grenzenlosigkeit. Gebäude ragen weit hinauf und am Boden wird jeder umgarnt von Fressalien, sich dem schnellen Sättigungsgefühl hingeben und während der Geschmack von Fett noch einige Zeit auf der Zunge bleibt ist hervorragend die Nachhaltigkeit auf den Hüften. Einkehr in Lokalitäten ist jederzeit möglich, immer und überall wird man fündig. Eine Entdeckungsreise, anderes Land, andere Sitten, auch hier in der Heimat.

Hirse, Weihrauch und ein Laib Brot
X hat noch lange nicht genug gesehen, ist noch nicht satt. Historie, Geschichte, Antike, Moderne, ein fabelhaftes Zusammenspiel. Hier ist viel geschehen, was die Menschen bewegt. Der Fluss, ruhig und dreckig, aber auch laut, voll und vermarktet.

Molekularküche
Wie Klingen ragen sie herauf, die Entwürfe von Star Architekten, sie schneiden den Raum mit Glas und Stahl, die Ästhetik der Gegenwart ohne Zweifel. Auch die Kunst ist allgegenwärtig und unübersehbar, sie provoziert, fordert heraus, spornt an. Zeitgeist, hier manifestiert er sich, hier ist alles in Bewegung, im Wandel. Unvollständigkeit und Veränderung gehen Seite an Seite. Ein Panorama der Bauunternehmen. Die Patina leuchtet einem stets entgegen und macht mit dem Rost das Tagesmakeup dieser Stadt aus, dabei strahlen sie mit den Glaskästen, den Vogelkäfigen, um die Wette.

Berliner Luft und Canache
Aus sämtlichen Fenstern lockt süße Sünde, Kompositionen von Bach, Mozart und Vivaldi für den Gaumen. Der Berliner Bär als Figurvorbild würde so manches Gewissen erleichtern. Kaffee trinken als Kultur, Arabica, Robusta, aus Ethiopien oder Kolumbien, Latte, Espresso, Créma oder nicht doch lieber Filter?

Vöner
Wo ist es hip, wo lässt es sich am buntesten treiben? Verkommenheit als Status, an jeder Ecke zugesprühte Türen, die Einlass in sämtliche Welten bieten. Wo willst du hin, ich bring dich hin und das alles hier auf einem Fleck.

Gin Tonic mit Gurke und Quarkbällchen
Und wenn der Tag die Augen schließt, erwacht seine Schwester, auf einem Auge blind, so besagt ein philippinisches Märchen. Sie schaut über Dinge hinweg, übersieht den Krach, den Unfug, die Wildnis, zuckende Körper. Der Promille Wert steigt, noch ein Schluck, bitter im Abgang und dieses warme Gefühl im Bauch. Brand, Heißhunger, naschen, egal wann. Die vielen bunten Lichter, ein ungezähmtes Rauschen. Die Sicht verzerrt sich.

Ecstasy und Exstasy
Zurück zur Mitte, wo finde ich sie, wo finde ich mich? Stolpernd durch die Nacht, friedlich, gar schön, wie gefällst du mir? Daumen hoch? In Teilen so wunderbar und von der anderen Seite betrachtet zeigst du uns deine hässliche, dreckige Fratze. Wen verschluckst du und wen spuckst du wieder aus? Bist du ein Diamant oder doch nur ein Stück Kohle? Du bist der Endgegner, du bist meine Katharsis, Berlin. X bin ich, X sind wir.

 

ZUM FILM:

 

 

Kleiner Streifzug durch Berlin:

Autoren: Jules Finn Birner und Mercedes Kaczmarek