Nur ein Flüchtling

 

Unsere Identität unterscheidet uns als Individuum von allen anderen. Die Identitätsentwicklung basiert auf Selbsterkennung und Selbstgestaltung. Das ‚selbst‘ fällt jedoch für einen Teil unserer Gesellschaft weg. Dabei sollte es uns allen möglich sein uns selbst zu erkennen und auch selbst zu gestalten.

 

Lucia_1 Nur wird dieser individuelle Prozess nicht in gleicher Weise anerkannt oder akzeptiert. „Für viele bin ich einfach nur ein Flüchtling.“

 

Wenn er in ein Geschäft geht, lassen ihn die Verkäufer nicht aus den Augen. Wenn er mit seinen Freunden abends weggeht, wird er immer wieder nach Drogen gefragt und wenn er mal nach einer Auskunft fragt, dann schrecken alle im ersten Moment zurück. „Wenn ich kein Flüchtling bin, dann bin ich Dealer oder ein Krimineller.“

 

lucia_2Damit ist er einer von vielen und in den meisten Fällen wird sich auch nicht die Mühe gemacht seinen Namen zu behalten. Er heißt Solomon, ist 27 Jahre alt und ein Flüchtling, der sich hier vor einem Jahr in Berlin niedergelassen hat. Seine Reise hat allerdings schon vor 8 Jahren begonnen. Seitdem war er nicht mehr Zuhause.

 

Zuhause war er Mama’s Lieblingskind. Er hat sie gerne damit überrascht, indem er die Wohnung geputzt oder für sie, während sie Mittagschlaf machte, das Kochen übernommen hat. Wenn er über seine Mutter erzählt, glänzen seine feuchten Augen. Dass er sie vermisst ist unübersehbar.

 

Es sind Erinnerungen, die ihn stärken aber auch zugleich zerreissen. Ein offener Mensch war er schon immer. Seine beste Eigenschaft liegt darin, die Bedürfnisse seiner Mitmenschen direkt zu erkennen. Das war schon immer so. Während wir uns unterhalten bleibt er stets aufmerksam. Er spürt sofort, wenn jemand verloren an der Straße steht. Es dauert nicht lange bis er fragt, ob er behilflich sein kann. „ Wenn man nicht arbeiten darf, bleibt eben genug Zeit alles zu erkunden.“

 

Seine warme Art lässt das Eis sofort brechen. Wenn ihn andere auch nur flüchtig kennenlernen, merkt er immer wieder, wie sehr alle über seine offene Persönlichkeit überrascht sind. Berlin Neukölln ist seit einem Jahr sein neues Zuhause. Ein Ort, den er von allen anderen am meisten liebt und schätzt. „Hier sind die Menschen alle sehr nett und viele kommen ursprünglich von woanders her.“

 

Neben kochen, spielt er gerne Fußball, durchstöbert Second Hand Läden und findet die Berliner Architektur faszinierend.

 

Er ist eben mehr als nur ein Flüchtling. Auf die Frage hin, was sein größter Traum ist, bin auch ich das erste Mal überrascht. „Ich weiß nicht, woher ich das habe, aber ich schwöre, ich kann spüren, wenn ein Fisch krank ist. Mein größter Traum wäre es deshalb in einem Aquarium zu arbeiten.“

 

Das Aquarium wäre sicher von seinem Engagement beeindruckt. Der Weg zum Ziel scheint jedoch noch immer ein steiniger zu sein. Die Anträge laufen schon seit geraumer Zeit und noch ist nichts durch. Solomon bleibt trotz allem guter Dinge.

 

Immerhin darf er in Berlin wohnen bleiben und dieser Umstand macht die Warterei um vieles erträglicher.

 

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Konzept Video

kurzes Video mit Impressionen, anonym, da es von der Aussage her übertragbar ist. Eher eine positive Stimmung. Eventuell noch eine Totale wie er gerade dabei ist zu gehen. Sonst eher viele Detail Aufnahmen. Dazu Kommentare zu Berlin: Wie er die Stadt empfindet, wo er am liebsten hingeht und Zeit verbringt.

 

 

 

Projekt von Lucia Luciano